Alle Fleischrinder- und Generhaltungsrassen, die in Österreich SNP-typisiert werden, werden routinemäßig auf genetische Besonderheiten und Erbfehler überprüft. So wird bei allen Rassen ein umfangreiches Monitoring durchgeführt. 
Mermale, die bei einer Rasse eine tiererzüchterische Relevanz haben, werden in das Zuchtprogramm aufgenommen, im Zuchtbuch eingetragen und veröffentlicht.

Bei den Fleischrinder- und Generhaltungsrassen sind unterschiedliche genetische Besonderheiten und Erbfehler bekannt. Durch die SNP-Typisierung gibt es nun eine neue Untersuchungsmethode, mit der auch Merkmale untersucht werden können, für die bisher kein Test in Österreich zur Verfügung stand. Durch die verbesserten Analysemethoden haben wir immer mehr Informationen über unsere Tiere und es werden „neue“ Erbfehler entdeckt. Wichtig ist, dass wir diese Informationen mit Bedacht und ohne Panik für züchterische Entscheidungen nutzen. Die Ergebnisse der SNP-Typisierung sind ein zusätzliches Hilfsmittel und können bei der Anpaarungsplanung und der Selektion genützt werden. Jeden Anlageträger per se auszuschließen, ist aber keine sinnvolle Maßnahme. Weder im Sinne der genetischen Vielfalt, noch für den Zuchtfortschritt. 

Über die SNP-Typisierung der österreichischen Population erfolgt ein kontinuierliches Monitoring. Die Testergebnisse von tierzüchterisch relevanten Merkmalen und Erbfehlern werden im Zuchtbuch (RDV) eingetragen. Züchterinnen und Züchter können die Ergebnisse in der RDV-App und im LKV-Herdenmanager selbst einsehen. Auf den Zuchtbescheinigungen sind die eingetragenen Untersuchungsergebnisse ebenfalls angeführt. In die Zuchtwert-Datenbank werden eingetragene Ergebnisse ebenfalls veröffentlicht.  

Erbfehler sind in der Regel rezessiv vererbt. Das bedeutet, Symptome treten nur auf, wenn sowohl Vater als auch Mutter Träger des Erbfehlers waren. Diese mischerbigen Trägertiere zeigen allerdings keine Symptome und sind gesund. Für die genetischen Besonderheiten Hornlosigkeit und die Myostatin-Mutationen werden die Erbgänge bei der ausführlichen Erklärung beschrieben.

Die genetischen Besonderheiten und Erbfehler werden mit einem Buchstabencode abgekürzt. Der letzte Buchstabe beschreibt den Status des getesteten Tieres.

 

Abkürzungen und Symbole

F: Frei/Free

Das getestete Tier ist frei von dem Merkmal/dem Erbfehler. Das heißt, dass es selbst keine Ausprägungen des Merkmals aufweist und auch nicht erkranken kann. Diese Tiere geben ihren Nachkommen den Erbfehler nicht weiter.

C: Träger/Carrier

Das Tier ist mischerbiger (heterozygoter) Träger des Erbfehlers. Das bedeutet, das Tier selbst hat keine Symptome. Aber es kann den Erbfehler an seine Nachkommen weitervererben. In so einem Fall ist es wichtig, dass der zweite Elternteil Frei ist.

S: Sicher/Sure

Das Tier selbst ist reinerbiger (homozygoter) Träger des Merkmals/des Erbfehlers. Im Fall eines Erbfehlers ist das Tier an dem Erbfehler erkrankt bzw. wird daran erkranken. Bei genetischen Besonderheiten zeigt das Tier eine volle Merkmals-Ausprägung, seine Nachkommen werden jedenfalls mischerbige Träger sein.

Wenn die Untersuchung mittels SNP-Typisierung über die ZuchtData erfolgt (Antrag im Genomik-Portal, Versand der Probe ans AIT) werden die Ergebnisse automatisch in den RDV und die anderen Datenbanken geladen. Untersuchungsergebnisse von Importtieren müssen „händisch“ eingetragen werden. Für bestimmte Erbfehler steht derzeit noch keine Untersuchung mittels SNP zur Verfügung. In diesen Fällen wird die Untersuchung in einem anderen Labor durchgeführt. Auch diese Ergebnisse werden „händisch“ eingetragen. ACHTUNG: Nur validierte Untersuchungen sind zulässig!

Überblick über eine Auswahl der veröffentlichten genetischen Besonderheiten

Die genetische Hornlosigkeit (P) ist ein dominant vererbtes Merkmal.  Das heißt, auch wenn das Tier mischerbig ist, werden keine Hörner gebildet. Es sind zwei unterschiedliche Varianten der Hornlosigkeit bekannt: Die keltische Variante und die friesische Variante. Eine weitere Besonderheit können Wackelhörner sein. Für diese gibt es derzeit keinen Gentest.
Als „Doppellender-Gen“ wird eine Mutation am Myostatin-Gen bezeichnet. Über dieses Gen wird das Muskelwachstum reguliert. Bekannt ist dafür vor allem die Rasse Weiß-Blaue Belgier. Durch neue Untersuchungsmethoden weiß man, dass unterschiedliche Mutationen bei verschiedenen Rassen vorkommen. Je nachdem, um welche Variante der Mutation es sich handelt und ob diese reinerbig oder mischerbig vorliegt, sind auch die Auswirkungen unterschiedlich.

Beta-Kasein ist ein Bestandteil des Milcheiweißes, der in unterschiedliche Gruppen eingeteilt werden kann. Die wichtigsten sind A1 und A2, die sich in einer einzigen Aminosäure unterscheiden (A2: Prolin, A1: Histidin). Es gibt Hinweise (aber derzeit keinen wissenschaftlichen Beweis!) für gesundheitliche Vorteile der A2-Variante. Es werden nur die beiden Hauptallele A1 und A2 ausgewiesen, Suballele werden nicht veröffentlicht.

Kappa-Kasein ist ein Bestandteil des Milcheiweißes, der überwiegend in den Varianten A und B auftritt. Die Kappa-Kasein-Variante B zeigt eine bessere Ausbeute bei der Käsegewinnung.

Überblick über die veröffentlichten Erbfehler

Als „Bulldog“ wird die Erbkrankheit Achondroplasie bzw. Chondrodysplasie bezeichnet. Durch eine Störung im Knorpelwachstum kommt es zu einer Deformation der Knochen. Meistens kommt es bei den betroffenen Kälbern zu einem Abort oder einer Totgeburt im fünften bis achten Trächtigkeitsmonat.

Die Spinnengliedrigkeit (Arachnomelie) ist ein rezessiver Erbfehler. Durch den Gendefekt funktioniert der Knochenstoffwechsel nicht. Betroffene Kälber werden tot geboren oder verenden kurz nach der Geburt. Auch Aborte kommen vor.  Die betroffenen Tiere haben dünne, lange Gliedmaßen und verdrehte Gelenke. Da die Knochen versteift und brüchig sind, kann es zu Verletzungen des Geburtsweges beim Muttertier kommen. Der Defekt kommt bei Brown Swiss sowie bei Fleckvieh und Ennstaler Bergschecken vor.

Die progressive spinale Ataxie kommt bei Charolais vor. Es ist ein rezessiver Erbgang, nur reinerbige Tiere zeigen Symptome. Diese treten erstmals in einem Alter von etwa 18 bis 24 Monaten auf. Die Tiere zeigen Bewegungsstörungen, die an den Hinterbeinen beginnen und sich zunehmend verschlechtern.

Der Braunvieh-Haplotyp 2 tritt bei Brown Swiss, Fleckvieh sowie bei Waldviertler Blondvieh auf. Es ist ein rezessiver Erbgang, nur reinerbige Tiere zeigen Symptome. Die betroffenen Kälber werden häufig bereits tot geboren oder verenden innerhalb der ersten zwei Lebensmonate.  Vereinzelt leben Tiere länger, zeigen aber Entwicklungsstörungen und wiederkehrende Lungenentzündungen.

Die Renale Dysplasie ist eine erblich bedingte Funktionsstörung der Nieren. Die Symptome treten im Laufe des ersten Lebensjahres auf. Die Tiere sind „Kümmerer“, sie haben ein schlechtes Wachstum, Gewichtsverlust und leiden oft an chronischem Durchfall. Das Haarkleid ist rau und die Klauen haben ein überlanges Wachstum. Durch Harnsteine kann es zu Harnabsatzstörungen kommen.

Die Thrombopathie ist eine Blutgerinnungsstörung. Blutgerinnungsstörungen treten bei vielen Tierarten sowie beim Menschen auf. Oft haben sie eine genetische Ursache. Betroffene (reinerbige) Tiere zeigen bei Verletzungen, Injektionen oder Enthornen kaum stillbare Blutungen. Auch Blutergüsse und blutiger Kotabsatz können auftreten. Innere Blutungen können bei diesen Tieren bis zum Tod führen.

Dieser Erbfehler kommt bei der Rasse Wagyu vor. Reinerbige Träger zeigen das weak calf syndrom: Niedrige Geburtsgewichte, Schwäche, Trinkschwäche, schlechtes Wachstum und Infektionsanfälligkeit. Auch Aborte treten vermehrt auf. Mittels SNP-Typisierung steht ein Gentest zur Verfügung.

Diese Mutation führt zu einem Defekt von Immunzellen und Blutplättchen. Betroffene, reinerbige Tiere sind anfällig für Infektionen. Auch eine erhöhte Blutungsneigung tritt auf. Außerdem haben betroffene Tiere einen inkompletten Albinismus: Das Fell ist heller und auch die Augen weniger pigmentiert. 

Dieser rezessive Erbfehler führt zu einer Funktionsstörung der Nieren. Betroffene Tiere zeigen ein vermindertes Wachstum, überlanges Klauenwachstum und Durchfall. Die Nierenfunktionsstörung führt zu veränderten Blutwerten. Betroffene Tiere sind zwar lebensfähig, die Symptome führen aber zu einer verkürzten Lebensdauer.

Dieser Erbfehler hat einen „inkomplett dominanten“ Erbgang. Mischerbige Tiere haben keine deutlichen Symptome, bei Blutuntersuchungen kann aber eine milde Sphärozytose (abnormal geformte rote Blutkörperchen) festgestellt werden. Reinerbige Tiere haben niedrige Geburtsgewichte, eine Anämie und Schwäche nach der Geburt.

CMD 1 sowie CMD 2 sind rezessive Erbfehler, die zu Dystonien – unwillkürlichen, anhaltenden Muskelkontraktionen führen. Nur reinerbige Tiere zeigen Symptome. Bei CMD1 ist die Muskelspannung erhöht, so können die Tiere die Gelenke nicht beugen. Dadurch haben sie Bewegungseinschränkungen und können sich bei Stürzen verletzen. Die Tiere verenden innerhalb weniger Tage nach der Geburt.

CMD 1 sowie CMD 2 sind rezessive Erbfehler, die zu Dystonien – unwillkürlichen, anhaltenden Muskelkontraktionen führen. Nur reinerbige Tiere zeigen Symptome. Die Symptome von CMD2 sind ausgeprägter als bei CMD1. Die Tiere bekommen durch Reize (Berührungen, Geräusche) Muskelzuckungen (Myoklonien) und sterben wenige Stunden nach der Geburt.

Diese Form des Zwergwuchses kommt bei Weiß-Blauen Belgiern vor. Es liegt ein rezessiver Erbgang vor, nur reinerbige Tiere zeigen Symptome. Dazu zählen ein verzögertes Wachstum und eine höhere Infektionsanfälligkeit. Vor allem Lungenentzündungen treten auf. Diese führt auch zu Verlusten in der Aufzuchtphase.

Dieser Defekt führt zu steifen, falsch gewinkelten, „verbogenen“ Gelenken. Es ist ein letaler Erbfehler, die betroffenen Kälber werden tot geboren. Da es zu einer starken Ansammlung von Fruchtwasser kommt, können die Mütter eine Gebärmutterentzündung und auch eine Bauchfellentzündung (Peritonitis) bekommen. Der Erbgang ist rezessiv, nur reinerbige Tiere haben Symptome.

Dieser Defekt führt zu steifen, falsch gewinkelten, „verbogenen“ Gelenken. Es ist ein letaler Erbfehler, die betroffenen Kälber werden tot geboren. Da es zu einer starken Ansammlung von Fruchtwasser kommt, können die Mütter eine Gebärmutterentzündung und auch eine Bauchfellentzündung (Peritonitis) bekommen. Der Erbgang ist rezessiv, nur reinerbige Tiere haben Symptome.

Durch diesen Gendefekt kommt es zu massiv verlängerten Trächtigkeiten. Die Geburt muss meistens eingeleitet werden, die Kälber verwenden nach der Geburt. Dieser rezessive Defekt kommt bei der Rasse Weiß-Blaue Belgier vor.

Dieser rezessive Defekt kommt ebenfalls bei Weiß-Blauen Belgier Rindern vor. Er führt zum embryonalen Frühtod bei reinerbigen Trägern.  Das heißt, wenn zwei Anlageträger verpaart werden, ist das Risiko, dass der Embryo in den ersten Trächtigkeitswochen abstirbt 25 %.