Im Sommer 2018 wurde die in Österreich einzigartige Landesförderung für mobile Schlachtanlagen verkündet. Oberösterreich als stärkstes Land in der Rinderhaltung wird damit seiner Vorreiterrolle gerecht. Nach der Überwindung vieler rechtlicher und auch technischer Hindernisse hat nun die erste mobile Schlachtanlage ihren Betrieb aufgenommen. „Maximales Tierwohl auch in den letzten Stunden ist ein wichtiges Anliegen der Tierhalter/innen als auch der Konsument/innen. Die zu schlachtenden Tiere sollte dabei möglichst wenig Stress erfahren. Eine Schlachtung direkt am Hof ist daher die beste Möglichkeit. Gleichzeitig muss das resultierende Lebensmittel den strengen Hygieneanforderungen entsprechen, da zu Recht höchste Qualität gefordert wird. Mobile Schlachtanlagen müssen daher strengen Anforderungen gerecht werden. Dem Schlachtunternehmen Neugschwandtner und den beteiligten landwirtschaftlichen Betrieben möchte ich großen Respekt aussprechen. Sie haben den aufwendigen Entwicklungsprozess auf sich genommen und können nun die erste voll funktionsfähige Anlage präsentieren“, so Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger.
Beteiligte Betriebe wollen stressfreie Schlachtung ermöglichen
Für die Förderung seitens des Landes war die Zusammenarbeit zwischen einem Schlachtunternehmen als ausführendem Partner und landwirtschaftlichen Betrieben Voraussetzung. Den Part des Schlachtunternehmens hat der Traditionsbetrieb Neugschwandtner in Münzbach übernommen. Leitgedanke dabei ist das klare Bekenntnis zu höchster Qualität. Darauf wurde auch beim Bau der mobilen Schlachtanlage im Besonderen geachtet.
Die Konstruktion des Schlachtanhängers hat die Firma Scheuwimmer Fahrzeugbau aus Naarn übernommen. Die Aufbauten und Anhänger werden bei Scheuwimmer immer individuell nach Kundenwunsch produziert, daher ist jedes Produkt eine Einzelfertigung. „Bei der konstruktiven Planung des Schlachtanhängers wurde insbesondere auf die Aspekte des Tierschutzes, der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes geachtet.“, erläutert Amtstierarzt Dr. Johann Schmalzer.
Einer der landwirtschaftlichen Betriebe, die mit dem neuen System arbeiten, ist der Betrieb Krückl, vulgo „Schneiderlehen“, aus Windhaag bei Perg. Seit dem Jahr 2000 werden schottische Hochlandrinder am Betrieb gehalten. Der Gesamtbestand samt Jungtiere beträgt zwischen 25 und 30 Tieren. Am Betrieb wird sehr auf Achtsamkeit und auf eine tierwohlgerechte Haltung der Rinder Rücksicht genommen.
Auch der Betrieb Stingeder aus Bad Zell hat sich an dem Projekt beteiligt. Peter Stingeder bewirtschaftet rund 60 Hektar landwirtschaftliche Fläche und hält 120 Mutterkühe. Seine Motivation für die mobile Schlachtung ergab sich vor allem aus persönlichen Interesse und durch Nachfragen seitens der Kunden. Durch die Direktvermarktung ist hier ein sehr enger Kontakt gegeben.
Anforderungen an und Ablauf der mobilen Schlachtung
Mobile Schlachtungen bergen eine Reihe von Anforderungen, sowohl aus Sicht des Tierschutzes als auch aus Gründen der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes. Das Tier ist im Zuge dieser mobilen Schlachtung vor der Betäubung zu fixieren und ruhig zu stellen, um eine sichere und schonende Betäubung zu gewährleisten. Dabei kann die Fixiereinrichtung entweder vom Schlachthofunternehmer mobil zum tierhaltenden Betrieb mitgebracht werden oder vor Ort vorhanden sein. In jedem Fall trägt der Schlachthofunternehmer die Verantwortung für die Eignung und Funktionsfähigkeit der Fixiereinrichtung.
Die möglichen Betäubungsverfahren ergeben sich aus der Tierschutz-Schlachtverordnung. Das Schlachthofunternehmen entscheidet über das eingesetzte Betäubungsverfahren und trägt die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der Betäubung. Auch am landwirtschaftlichen Betrieb ist ein funktionsbereites Betäubungsgerät in Reserve bereit zu halten.
Vor der Betäubung ist das zu schlachtende Tier einer amtlichen, tierärztlichen Untersuchung an einem geeigneten Untersuchungsplatz zu stellen.
Die Tötung des Tieres selbst erfolgt im Anschluss durch Blutentzug, dieser findet im zugelassenen, mobilen Teil der Schlachtanlage statt. Dabei muss das Blut zur Gänze aufgefangen und mit dem Tierkörper gemeinsam in den Schlachthof, zur amtlichen Untersuchung, verbracht werden. Die maximale Dauer zwischen Betäubung und Entblutung ist ebenfalls gesetzlich vorgeschrieben und beträgt eine Minute. Nach der Schlachtung hat der Transport in den stationären Schlachthof binnen einer Stunde zu erfolgen, um die Qualität des Schlachtkörpers zu gewährleisten. Im Schlachthof wird der Tierkörper unverzüglich, auf saubere Art und Weise, in den Schlachtraum zur weiteren Verarbeitung verbracht.
Der Weg zur mobilen Schlachtanlage
Die Antragsstellung erfolgt durch den Schlachthofunternehmer über die zuständige Bezirkshauptmannschaft. Im Zuge dieser Antragsstellung ist eine möglichst genaue Projektbeschreibung, im Sinne der Lebensmittelhygiene-Zulassungsverordnung, erforderlich.
Eine Zulassung hat sowohl für die mobile Schlachtanlage als auch für die einzelnen Fixiereinrichtungen zu erfolgen. Diese Fixiereinrichtungen können entweder durch das Schlachtunternehmen selbst oder durch die jeweiligen tierhaltenden Betriebe zur Verfügung gestellt werden. Dabei ist für jeden tierhaltenden Betrieb die Art der vorhandenen Fixiereinrichtung im Antragsprojekt zu beschreiben. Zudem ist jede Schlachtung rechtzeitig vorab bei der zuständigen amtlichen Tierärztin bzw. dem amtlichen Tierarzt anzumelden und dabei der konkrete Zeitpunkt der Schlachtung zu vereinbaren, da diese während der Betäubung und Entblutung anwesend sein müssen. Die dafür anfallenden Gebühren werden dem Schlachthofunternehmen verrechnet.
Förderung durch das Land Oberösterreich
„Das Land Oberösterreich ermöglicht und fördert mobile Schlachtanlagen als Erweiterung einer bestehenden Zulassung als Schlachtbetrieb (gemäß LMSVG § 10), die Verantwortung für den gesamten Prozess liegt durchgehend beim Schlachtunternehmen“, so Landesveterinärdirektor Dr. Thomas Hain.Die vor der Schlachtung erforderlichen Untersuchungen, die Ruhigstellung vor der Betäubung, die Betäubung sowie die Entblutung können daher künftig direkt am Herkunftsbetrieb des Tieres umgesetzt werden. Förderfähig sind sowohl der Schlachtanhänger als auch mobile Schlachtboxen sowie die Fixiereinrichtung an jedem teilnehmenden landwirtschaftlichen Betrieb, für jeweils ein Tier, mit 40 Prozent der Nettokosten. Das Zug- bzw. Trägerfahrzeug selbst wird nicht gefördert. Voraussetzung für die Förderung ist eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Schlachtbetrieb und den beteiligten Landwirtinnen bzw. Landwirten, wobei der Zulassungsinhaber und somit der Verfügungsberechtigte über den Schlachtanhänger bzw. die mobile Schlachtbox der Schlachtbetrieb sein muss.
Zukunftsaussichten der mobilen Schlachtung
Die aktuell erarbeiteten Anforderungen sowie die zur Verfügung stehenden Informationsblätter beziehen sich in erster Linie auf Rinder. Die Wertschöpfung aus dem Verkauf von Rindfleisch liegt in Oberösterreich jährlich bei rund 280 Mio. Euro. Ein Drittel aller Schlachtungen erfolgt in Oberösterreich.
Eine Beantragung der Zulassung für die Schlachtung weiterer Tierarten ist möglich. Auch in anderen Branchen bieten das höhere Tierwohl und die damit einhergehende Qualitätssteigerung eine Möglichkeit zur Differenzierung. Vor allem im Bereich der Direktvermarktung können die höheren Kosten der mobilen Schlachtung durch den direkten Kundenkontakt auch im Produktpreis abgebildet werden.
„Die mobile Schlachtung ist gemeinsam mit der Mutterkuh-Haltung sicherlich das oberste Niveau im Bereich Tierwohl. Dadurch werden bewusst Konsumentinnen und Konsumenten angesprochen, denen höheres Tierwohl auch ein höherer Produktpreis wert ist. Im Rinderbereich konnte sich eine derartige Premiumschiene bereits gut etablieren. Ich hoffe, dass wir auch in anderen Bereichen diese Differenzierung erreichen. Dann kann die mobile Schlachtung beispielsweise auch im Schweinesektor erfolgreich sein“, so Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger.
Text: Presseaussendung LR Max Hiegelsberger, Fotos: Helga Krückl
Ein Video findet sich unter: https://www.youtube.com/channel/UCldf2umfX_V4lrLIAVWSNRg?view_as=subscriber